Warum immer mehr Immobilienunternehmen ihre Strategie ändern

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Eigentlich war alles klar. Sanieren, vermieten, verkaufen. So sah der Plan des Münchner Immobilienunternehmens W und Bauer aus, als es im Jahr 2018 ein Ensemble leerstehender Bürogebäude in Aschborn übernahm. Bei zwei der drei Objekte funktionierte das Geschäftsmodell problemlos. Doch beim dritten Gebäude kam es anders. Der fest eingeplante Großmieter aus der Tourismusbranche zog sich pandemiebedingt zurück. Der geplante Weiterverkauf scheiterte und die gesamte Kalkulation geriet ins Wanken.

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Statt jedoch das Projekt aufzugeben, entschied sich das Unternehmen für einen radikalen Strategiewechsel. Das Gebäude, später unter dem Namen Margentaler bekannt, wurde umfassend revitalisiert und nicht verkauft, sondern in den eigenen Bestand übernommen. Damit steht W und Bauer exemplarisch für eine Entwicklung, die inzwischen den gesamten Markt prägt.

Der Einbruch am Transaktionsmarkt

Seit dem Jahr 2022 erleben wir einen massiven Einbruch bei Immobilientransaktionen, insbesondere im Bürosegment. Allein bei Büroimmobilien ist das Transaktionsvolumen um mehr als 50 Prozent zurückgegangen. Parallel dazu laufen zwischen 2025 und 2028 weltweit Kredite über rund 4,5 Billionen US Dollar aus. Das bedeutet enormen Refinanzierungsdruck für Eigentümer.

Die Gründe für diese Entwicklung sind vielfältig.

  • Gestiegene Zinsen erschweren Finanzierungen.

  • Banken agieren vorsichtiger und vergeben Kredite restriktiver.

  • ESG Anforderungen verändern das Investoreninteresse.

  • Remote Work und hybride Arbeitsmodelle führen zu neuen Nutzungsanforderungen.

Wer früher mit schnellem Exit Geld verdiente, steht heute vor einem Dilemma. Verkaufen bedeutet hohe Abschläge, Halten erfordert neue Strategien.

Der Strategiewechsel: Vom Verkauf zum Bestand

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Immer mehr Marktakteure entscheiden sich gegen den kurzfristigen Verkauf und für die aktive Bestandshaltung. Große Player wie Brookfield Properties oder Tishman haben öffentlich erklärt, ihr Augenmerk stärker auf Asset Management und langfristigen Cashflow zu legen.

Das Ziel lautet nicht mehr, ein Verkaufsprospekt in die Hand zu nehmen, sondern einen belastbaren Asset Management Plan vorzulegen, der drei Faktoren vereint:

  1. Stabilen Cashflow

  2. ESG Konformität

  3. Langfristige Nutzungsflexibilität

Welche Chancen ergeben sich für Bestandshalter?

Der größte Vorteil liegt in der gewonnenen Zeit. Wer nicht sofort verkaufen muss, kann gezielt umbauen, die Immobilie neu positionieren und auf bessere Marktzyklen warten. Diese Zeit ist angesichts steigender Zinsen und ESG Anforderungen ein entscheidender Wettbewerbsvorteil.

1. Neue Nutzungskonzepte entwickeln

Leerstehende Flächen lassen sich in Coworking Bereiche, Lab Offices, Bildungsflächen oder sogar Wohnraum umgestalten. Entscheidend ist, dass die Immobilie nicht mehr nur als Verkaufsobjekt, sondern als wandelbares Produkt gedacht wird.

2. Szenarien statt Einzellösungen

Best Practices zeigen, dass erfolgreiche Bestandshalter verschiedene Nutzungskonzepte durchspielen. Kalkuliert werden Vermietung, Mischmodelle und Umwidmung. Digitale Tools helfen, Einnahmen, ESG Werte und langfristige Kosten realistisch abzubilden.

3. Professionelles Asset Management

Viele Akteure bauen interne Asset Management Teams auf oder arbeiten mit spezialisierten Partnern zusammen. Diese kümmern sich um Mieterstrukturen, Umbauten, Fördermittel und ESG Zertifizierung. Das Ergebnis sind Objekte, die leichter vermietet, besser finanziert und langfristig stabiler sind.

4. Agilität im Umbau

Besonders erfolgreich sind Unternehmen, die nicht alles auf einmal angehen, sondern schrittweise. Eine Etage wird revitalisiert, erste Erfahrungen werden gesammelt und anschließend folgt die Ausweitung. So bleibt Flexibilität gewahrt.

5. Neue Finanzierungswege nutzen

Da Banken zögern, treten zunehmend Private Debt Funds oder Mezzanine Kapitalgeber auf den Plan. Sie finanzieren gezielt Revitalisierungsprojekte und passen besser zu längeren Haltefristen.

Die Refinanzierungsfalle

Ein Risiko bleibt jedoch: Viele Finanzierungen sind ursprünglich auf einen schnellen Exit ausgelegt. Kurze Laufzeiten, hohe Beleihungen, Rückzahlung in einer Summe. Wenn ein Verkauf ausbleibt, droht eine Rückzahlung ohne frisches Kapital.

Die Lösung liegt in der aktiven Umschuldung. Eigentümer sollten frühzeitig mit Banken sprechen und alternative Modelle prüfen. Kreditfonds oder spezialisierte Anbieter wie Haushirsch bieten flexiblere Lösungen, die auf Revitalisierung und Bestandsentwicklung zugeschnitten sind.

Fazit

Die Geschichte von W und Bauer ist längst kein Einzelfall mehr. Sie steht für eine ganze Branche im Wandel. Die Zeiten des schnellen Verkaufs sind vorerst vorbei. Wer bestehen will, setzt auf aktives Bestandsmanagement, flexible Nutzungskonzepte und smarte Finanzierungslösungen.

Statt auf schnelle Gewinne zu hoffen, heißt es jetzt Werte sichern, umbauen und langfristige Strategien entwickeln.

Der Markt ist herausfordernd, doch die Chancen sind da. Neue Bedarfe, digitale Tools, alternative Finanzierungen und Best Practices liefern die Bausteine für ein zukunftsfähiges Geschäftsmodell.

Die Botschaft lautet klar: Passives Warten ist keine Option. Aktives Handeln mit Weitblick und System ist der Schlüssel.

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