Wenn man es nicht besser wüsste, könnte man meinen, deutsche Immobilien seien wahre Klimakeller. Das durchschnittliche Alter einer Wohnimmobilie liegt bei 60 Jahren. Damit wir unsere Klimaziele bis 2045 erreichen können, müssen 80 % des Bestandes entweder energetisch modernisiert oder komplett ersetzt werden. Das ist kein kleines Vorhaben, wenn man bedenkt, dass der Gebäudesektor rund 36 % des gesamten Energieverbrauchs ausmacht und etwa 30 % der CO₂ Emissionen verursacht.

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Die ökologische Notwendigkeit ist offensichtlich. Aber stellt sich nicht die entscheidende Frage: Rechnet sich grünes Bauen auch finanziell? Hilft Nachhaltigkeit nicht nur der Umwelt, sondern auch Ihrem Kontostand?
Was bedeutet nachhaltiges Bauen überhaupt?
Nachhaltiges Bauen umfasst die Planung, Errichtung und Bewirtschaftung von Gebäuden, die über ihren gesamten Lebenszyklus hinweg möglichst geringe negative Auswirkungen auf Umwelt, Gesundheit und Ressourcen haben. Das bedeutet zum Beispiel:
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Verwendung von recyceltem Beton
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effiziente Dämmung und hochwertige Fenster
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Photovoltaikanlagen auf den Dächern
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moderne Wärmepumpen statt fossiler Heizungen
Natürlich sind die Baukosten höher als bei einer konventionellen Bauweise. Doch lohnt sich diese Mehrinvestition tatsächlich?
Zahlen, die überzeugen
Eine Auswertung der Deutschen Energieagentur (2022) liefert klare Antworten.
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Baukosten: Konventionell 2.500 € pro m², Effizienzhaus 2.800 € pro m², also 300 € mehr.
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Betriebskosten über 30 Jahre: Konventionell 1.800 € pro m², Effizienzhaus 950 € pro m².
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Instandhaltungskosten über 30 Jahre: Konventionell 1.400 € pro m², Effizienzhaus 900 € pro m².
Insgesamt ergeben sich Gesamtkosten von 5.700 € pro m² für konventionelle Bauweise gegenüber 4.650 € pro m² für ein Effizienzhaus. Der Break Even Point wird bereits nach 12 Jahren erreicht. Ab diesem Zeitpunkt ist die nachhaltige Immobilie günstiger.
Förderungen und Steuervorteile
Die gute Nachricht ist, dass nachhaltiges Bauen nicht allein durch die langfristige Kostenersparnis attraktiv wird. Auch Staat und Gesetzgeber fördern Investoren aktiv:
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Förderkredite: Für ein Effizienzhaus 40 mit QNG Nachweis gibt es Kredite bis zu 150.000 € pro Wohneinheit zu einem Zinssatz von nur 0,52 % (Stand Mai 2024). Auf 30 Jahre gerechnet ergibt sich daraus eine positive Zinsdifferenz von bis zu 45.000 € pro 500.000 € Kredit.
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Steuervorteile: Seit 2023 erlaubt §7b EStG für klimafreundliche Neubauten eine Sonderabschreibung von 5 % jährlich über vier Jahre, also insgesamt 20 % zusätzlich zur normalen Abschreibung. Beispiel: Bei einem Projektvolumen von 3,8 Millionen € ergibt sich eine zusätzliche Abschreibung von 760.000 €. Bei einem Steuersatz von 42 % entspricht das einer Steuerersparnis von rund 319.000 €.
Nachhaltigkeit zahlt sich auch bei Miete und Verkauf aus

Nachhaltige Gebäude sind nicht nur günstiger im Betrieb, sondern auch attraktiver am Markt.
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Mieteinnahmen: Pro Energieeffizienzklasse schlechter sinkt die Miete im Schnitt um 0,21 € pro m². Eine Wohnung der Klasse A erzielt durchschnittlich 2,85 € mehr pro m² als eine vergleichbare Wohnung der Klasse C.
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Verkaufspreise: Der Markt bestraft schlechte Energieeffizienz deutlich. Pro Klasse schlechter sinkt der Verkaufspreis von Wohnimmobilien im Schnitt um 7,5 %. Von Klasse B zu C beträgt der Abschlag bereits 15 %, bei Mehrfamilienhäusern teilweise sogar 20 %. Dieses Phänomen wird als Brown Discount bezeichnet. Umgekehrt gibt es für energieeffiziente Objekte einen Green Premium, also einen Preisaufschlag.
Besonders relevant: Institutionelle Investoren wie Versicherungen oder Pensionsfonds investieren zunehmend nur noch in ESG konforme Immobilien. 2022 lag der Anteil zertifizierter Green Buildings am gesamten deutschen Gewerbeinvestmentmarkt bei 30 %, 2023 trotz Marktschwäche immer noch bei 27 %.
Praxisbeispiel: Zirkuläres Bauen
Ein spannendes Pilotprojekt ist das neue Kreisarchiv der Stadt Viersen. Das Gebäude wurde modular und mit recycleten Materialien errichtet. Zwar lagen die Baukosten am Ende mit 16,6 Millionen € deutlich über dem ursprünglichen Budget von 11,6 Millionen €, doch über den gesamten Lebenszyklus ergeben sich Vorteile.
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Energiekosteneinsparung: 3,4 Millionen €
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Instandhaltungseinsparung: 2,3 Millionen €
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Restwert am Lebensende: 1,2 Millionen €
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CO₂ Kostenersparnis: 140.000 €
In Summe ergibt sich trotz höherer Baukosten eine effektive Belastung von rund 7 Millionen €, also deutlich günstiger als bei einer konventionellen Alternative.
Fazit
Grünes Bauen ist längst kein Idealismus mehr, sondern handfeste Wirtschaftlichkeit.
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Geringere Betriebskosten
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staatliche Förderung und Steuervorteile
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höhere Mieten und Verkaufspreise
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bessere Finanzierbarkeit und Marktgängigkeit
Wer heute nachhaltig baut oder modernisiert, sichert sich nicht nur ökologische Vorteile, sondern auch finanzielle Rendite. Das Green Premium ist Realität und der Brown Discount ein Risiko, das sich niemand mehr leisten kann.
Die Antwort ist daher eindeutig: Nachhaltigkeit rechnet sich. Für die Umwelt, für die Gesellschaft und für Ihr Portfolio.